Ich bin wegen den unglaublich günstigen Ryanair-Flugpreisen von Frankfurt/Hahn aus geflogen und hatte so die Möglichkeit, noch ein schönes Wochenende im trauten Heim in Trier zu verbringen, an dem ich das erste Mal meine elsässischen Kochkünste ausprobiert habe. Ich fand das Essen gelungen und so wie ich die Reaktion meiner Eltern einschätze, hat es ihnen auch geschmeckt.
Doch zurück zum eigentlichen Thema! Am Dienstag kam ich gegen Nachmittag in Dublin am Flughafen an und musste den kompletten Weg von der Passkontrolle bis zum Ausgang vor mich hin lächeln, da ich mich so sehr auf das erste Wiedersehen mit Anne seit Ende Juli gefreut habe. Unsere Begrüßung, Umarmungen über Umarmungen über die Absperrung hinweg, war wahrscheinlich eine ziemlich herzzerreißende Szene.
Nach einer Fahrt, die mich durch ihren Linksverkehr ganz schön verstört hat, haben wir zu zweit erstmal einen Abstecher an den nahe gelegenen Strand gemacht und sind eine Runde spazieren gegangen, was vor allem dazu gedient hat, sich gegenseitig auf den letzten Stand der Dinge zu bringen.
Nach diesem ersten Spüren des irischen Wetters haben wir uns kurz in die Arche Leoithne im Dubliner Stadtteil Baldoyle, Annes Einsatzstelle ihres Freiwilligendienstes, begeben, bevor wir ins Herz der Hauptstadt gefahren bin. Es war schon ziemlich dämmrig, als wir durch die Stadt gelaufen sind und generell – das nehme ich hier schonmal vorweg – habe ich Dublin nie bei Helligkeit gesehen. Doch das ist nicht schlimm, denn dafür haben wir unsere nächsten Tage unglaublich gut genutzt und mit den verschiedensten Programmpunkten ausgefüllt!
Die nächsten beiden Tage haben wir in Nordirland verbracht, wo sich zum Linksverkehr auch noch der Pfund als Währung gesellt hat. Ich war restlos verwirrt, dabei hätte ich ja damit rechnen müssen, da Nordirland zusammen mit Schottland, Wales und England Teil des United Kingdom ist.
In Belfast angekommen sind wir durch die Straßen gelaufen und haben dabei mehrmals die City Hall im Herzen der Innenstadt passiert. Die geschwungene Treppe, die Ihr sicherlich alle aus dem Film „Titanic" kennt, wurde übrigens von der Treppe in eben dieser City Hall inspiriert – die ganze Stadt ist übrigens vom Titanic-Fieber erfasst, weil der Luxusdampfer dort erbaut wurde.
Eine andere Eigenart von Belfast sind die Spuren des Nordirland-Konfliktes, die noch überall zu sehen sind, ob es sich um meterhohe Mauern und Zäune zwischen katholischen und protestantischen Vierteln, Einschusslöcher oder die bekannten Murals, Wände mit politischen Botschaften aus jener Zeit besprüht und bemalt, handelt. Besonders eindrücklich fand ich, dass auch zu aktuellen Themen wie der Problematik am Gaza-Streifen etwas zu finden war.
Während unseres langen Spazierganges, bei dem es sehr schnell auch schon sehr dunkel wurde, haben Anne und ich festgestellt, dass Belfast verglichen mit Dublin einen viel schäbigeren und angeschlageneren Eindruck hinterlässt. Nichtsdestotrotz würde ich behaupten, dass Belfast einen gewissen Charme versprüht.
Unseren Abend haben wir in einem wahren Fresstempel einem All You Can Eat Restaurant verbracht, wobei mich alleine der Gedanke daran wieder Bauchschmerzen bekommen lässt. Glücklicherweise konnten wir uns noch ein wenig bewegen, da wir noch zu Fuß in einen Pub gegangen sind, wo wir eine Mitfreiwillige von Anne getroffen haben, in deren WG wir auch übernachten konnten. Meinen ersten Pubbesuch auf der irischen Insel habe ich einfallslos, aber traditionell mit einem Pint Guinness zelebriert.
Neben Belfast war unser zweites Ziel die Nordküste, die für ihre wunderschönes Naturschauspiel bekannt ist. Anne und ich waren erst nicht von der Überlegung begeistert, eine Bustour zu machen, die die Stationen Dunluce Castle, Bushmill's Distillery, Giant's Causeway und Carrick-a-Rede Rope Bridge abgeklappert hat. Grund dafür war, dass wir beide direkt die asiatischen Touristentruppen aus Trier im Kopf hatten, die für ein Foto an Sehenswürdigkeiten ausgespuckt und gleich darauf wieder eingesammelt werden. Nach einem kleinen Hin und Her von Abwägen des Preis-Leistungs-Verhältnis und der Gemütlichkeit haben wir uns für die Bustour entschieden und saßen am Donnerstag Morgen zusammen mit sechs weiteren Touristen, davon waren nebenbei fünf Asiaten, im Bus. Es war ganz schön witzig, innerhalb der ersten zehn Minuten bereits ein paar Vorurteile bestätigt zu bekommen. Alles in Allem war es aber eine wirklich gute Investition und die Mitfahrer sympathisch – definitely wicked!
Zu den beiden Hauptattraktionen möchte ich noch ein paar Worte verlieren. Der Giant's Causeway ist eine seit Ewigkeiten bestehende Steinformation, die sich durch Wind und Wasser an der Küste gebildet hat. Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass das Wetter dort so eine Kraft hat, Steine in solch eine Form zu schleifen, da auch Anne und ich mit den starken Windböen zu kämpfen hatten. Teilweise konnte man sich wirklich in den Gegenwind fallen lassen, ohne umzukippen. Das muss erstmal möglich sein! Ganz schön verfroren haben wir noch ein halbes Stündchen in einem netten Café verbracht, wo ich British Tea und einen Scone genossen habe, bevor wir weiter zur Carrick-a-Rede Rope Bridge gefahren sind. Dabei handelt es sich um eine wackelige Hängebrücke, die zwischen dem Festland und einer Felsinsel über das Meer gespannt ist. Wegen der tosenden See und dem peitschenden Wind haben wir uns dagegen entschieden, über die Brücke zu wanken und auch so war die Naturkulisse ein unglaubliches Spektakel! Weniger feierlich war allerdings der Rückweg zum Bus, der uns vollkommen nass und wieder einmal durchgefroren hinterlassen hat.
Zurück in Belfast haben wir auch gleich den Fernbus nach Dublin genommen, wo ich dann endlich fast vollständig trocken war. Dort sind wir noch in das belebte Viertel Temple Bar gegangen, wo sich das Dubliner Nachtleben abspielt. Dieses Mal stand Cider auf meiner Probierliste und ich muss sagen, dass es mir viel besser als das Guinness geschmeckt hat. Generell war der Abend sehr schön, weil die Atmosphäre im Pub durch die Livemusik gleich viel fröhlicher und lebendiger als sonst wurde.
Unser nächster Tag war der Freitag und es war schrecklich beängstigend, wie schnell die Zeit verging, immer mit dem Gedanken, dass ich übermorgen schon wieder zurückfliegen würde im Hinterkopf. Wir haben aber nicht verzagt, sondern eine weitere Reiseroute geplant, diesmal in den Südwesten Irlands. Dazu hat Anne das Auto der Arche bekommen und so sind wir gemütlich durch über die Grüne Insel gefahren, bis wir am ersten Zwischenstopp, Cashel, ankamen. Übrigens hat Irland das Attribut Grün wirklich verdient, denn wo man auch hinblickt sieht man grüne Weiden mit ein paar Schafen und der ein oder anderen Burgruine, wie im Bilderbuch. Eine Ruine hat uns auch im eben genannten Dorf erwartet, das Rock of Cashel. Dieses riesige Schloss trohnt über dem Ort und strahlt eine besondere Aura aus, Annes Reiseführer hat uns mit den Worten „Den ersten Anblick des Rock of Cashel werden Sie niemals vergessen." bestens darauf vorbereitet. Der Versuch, dieses Monumentalbauwerk perfekt in einem Foto einzufangen hat übrigens darin geendet, dass ich in eine Kuhweide gefallen bin. Und so war ich auch an diesem Tag wieder komplett nass, da ich meine Hose erstmal auswaschen musste. Ich denke, dass sich mein Karma gerächt hat, da ich kurz vor meinem Fall Anne ausgelacht habe, die mit ihren Schuhen in der Weide versunken ist.
Unser Endziel des Tages war Cork, eine gemütliche Studentenstadt, die uns am frühen Abend empfangen hat. Nachdem wir unser Hab und Gut in einer Herberge abgestellt haben, sind wir durch das Zentrum gelaufen, dass sich auf einer großen Insel befindet, die von zwei Flüssen begrenzt wird. Eigentlich ist der Stadtaufbau Corks nicht kompliziert, aber irgendwie hat unsere Intuition Anne und mir immer etwas Anderes zugeflüstert als den wirklichen Weg, doch so haben wir immerhin ungemein viel gesehen, einen leckeren Italiener und einen ziemlich interessanten Pub gefunden. An meine Liste der traditionellen Speisen und Getränke hat sich an diesem Abend ein Cider mit Birnengeschmack gereiht.
Nach einer kurzen Nacht sind wir motiviert wie nie zuvor aufgestanden und haben Cork am Morgen, auch mal schön eine unbekannte Stadt im Hellen zu sehen, erkundet. Unser erstes Ziel war der Campus des College und bei diesem Anblick ist man tatsächlich ins Schwärmen und Träumen über ein Auslandssemester an dieser Uni gekommen. Die nächste Etappe war der English Market, eine Markthalle, die mit sämtlichen Leckereien, wie Backwaren, Obst, Gemüse, Käse, Fleisch, Fisch und Antipasti ausgestattet ist. Mit einem frisch gepressten, grasgrünen Smoothie haben wir uns gestärkt und uns in das Geschehen gestürzt. Die wohl beste Entdeckung des Tages war der Brotstand, an dem Anne und ich uns mit einem Tomatenbrot und einem dunklen Sour Bread mit Feigen, Datteln und Walnüssen eingedeckt haben. Ich habe am Antipastistand mein restliches Geld gelassen, während sich Anne noch einen köstlichen Cheddar gekauft hat. Das Frühstück war ein Fest für die Sinne!
Als Ziel des Samstag Abend haben wir Dublin anvisiert, doch bevor wir dort ankamen, haben wir noch einen vierstündigen Stop in Kilkenny, einer Kleinstadt im Südosten Irlands, eingelegt. Neben dem obligatorischen Besuch des Kilkenny Castle sind wir einfach ein bisschen herumflaniert und haben den Nachmittag in einem Café verbracht, wo ich meinen heiß und innig geliebten Scone mit Rosinen gefunden habe – laut Anne war das auch endlich ein waschechter Scone.
Im Abendgrauen haben wir die letzten Kilometer bis nach Dublin hinter uns gebracht und haben uns entschieden in Howth, einer Fischerinsel ganz in der Nähe von Baldoyle, den letzten gemeinsamen Abend bei Fish&Chips zu genießen.
Insgesamt kann ich sagen, dass ich es wunderschön fand, Anne während unseres Auslandsjahres zu sehen, denn damit hat im Juli noch keiner von uns beiden gerechnet. Wenn man so einen Besuch dann auch noch mit einem ganz neuen Land und dazu einem so tollen wie Irland verbinden kann, bleibt mir nichts anderes übrig als zu sagen, dass es eine zauberhafte Woche war! :)
PS: Da ich momentan in der Arche bin und es hier nur an einem einzigen Computer Internet gibt und es leider unglaublich lange dauert, Bilder hochzuladen, belasse ich es beim Text. Bei Interesse einfach per Facebook melden!