Guten Abend meine Lieben!
So schnell wie die Zeit hier vergeht, komme ich mit dem Bloggen gar nicht mehr hinterher. Jedenfalls ist die erste Woche wirklich wie im Fluge vergangen und wenn ich diese ersten Tage in Niederbronn mit drei Worten zusammenfassen müsste, wären es diese hier: Freude, Spaß und Glück :)
Am 1. September habe ich offiziell meinen Freiwilligendienst im Centre International Albert Schweitzer angefangen und habe dann auch endlich meine Mitfreiwillige Theresa kennen gelernt, mit der ich auch in der WG lebe. Mit ihr und auch mit den drei anderen Freiwilligen verstehe ich mich super gut. Zusammen bilden wir jetzt ein deutsch-dänisch-österreichisches Gespann! Das Französischsprechen ist da natürlich nicht ganz so selbstverständlich und man muss sich wirklich am Riemen reißen, nicht aus Bequemlichkeit ins Deutsche zu fallen. Ich denke aber, dass wir das über die nächste Zeit ganz gut hinbekommen werden, denn wozu sind wir schließlich alle nach Frankreich gegangen?
Doch zurück zum Centre und meiner ersten Arbeitswoche - meine Kollegen habe ich nun alle kennen gelernt und die Atmosphäre untereinander ist wirklich angenehm und total herzlichen, da fühlt man sich gleich willkommen und motiviert, sein Bestes zu geben :)
Da in der ersten Zeit noch eine deutsch-russische Selbstversorgergruppe das Centre bewohnt hat, war die Arbeit für uns nicht das Alltagsleben, was wir ab mächster Woche geboten bekommen, sondern eine wunderbare Gelegenheit, all das zu machen, was auch wichtig ist, wofür ansonsten aber nicht so viel Zeit bleibt.
Montags kam eine Gruppe von Frauen aus dem Seniorenheim in Niederbronn ins Centre, die von unserem Chef in die Geschichte der Kriegsgräberstätte eingeführt wurden, die Dauerausstellung besucht haben und ein paar der Einzelschicksale der auf dem Friedhof begrabenen Soldaten präsentiert bekommen haben.
Am Dienstag sind wir beispielsweise hoch zur Wasenbourg gewandert, wo sich auch schon Goethe rumgetrieben hat! Nächste Woche sind wir Freiwilligen für eine Nachtwanderung in diese Ruine in den Anfängen der Nordvogesen verantwortlich. Angeblich kann man von dem Hang der alten Burg die Spitze der Kathedrale in Straßburg sehen - das kann ich allerdings nicht bestätigen, was aber wahrscheinlich an den ganzen Bäumen liegt, die die Wasenbourg ein wenig von der Außenwelt abschneiden.
Am Mittwoch hat uns unser Weg mit dem Minibus zum Struthof geführt, wo sich während des Dritten Reiches das Konzentrationslager Natzweiler befand. Damals auf der Drittortbegegnug mit Franz-Bac haben wir den Hang mit den Baracken, den Appellplätzen, dem Krematorium und dem Gefängnis in strahlendem Sonnenschein erlebt, letzte Woche war das ganze Gelände jedoch unter einer dicken Schicht Nebel, diesigem Wetter und Kälte begraben, was das alles komplett anders hat wirken lassen. Der Effekt war um einiges bedrückender, auch weil wir keine Führung hatten, sondern uns unabhängig durch das Museum zum Gelände vorgearbeitet haben. Dabei hatte man viel mehr Zeit zur Reflektion dessen, was man gerade gesehen und wahrgenommen hat.
Heute haben wir unseren Chef samt einer Gruppe von bayrischen Lehrern auf einer Tour rund um das Schlachtfeld bei Woerth und Reichshoffen begleitet, die gefühlt alle zehn Meter ein mehr oder weniger imposantes Denkmal beherbergt. Auch wenn sich die Schlacht von Reichshoffen im deutsch-französischen Krieg von 1870/1871 abgespielt hat, konnte man sämtliche Monumente noch mit den Befreiungskriegen unter Napoleon, dem Ersten Weltkrieg, der Kolonialsierung und dem Algerien-Krieg verbinden, was extrem komplex ist. Deswegen habe ich mir am Ende des Tages auch einen dicken Stapel über die verschiedenen historischen Ereignisse ausgedruckt, um wenigstens das Wesentliche sämtlicher Beziehungen in der europäischen Geschichte zu verstehen.
Meine erste historische Woche wurde dadurch abgerundet, dass wir als Freiwillige für die Akten der Einzelschicksale teilweise zuständig sind und zum Beispiel eine Mappe zusammenstellen durften, in der sich alte Feldpostbriefe, persönliche Fotos oder andere Dokumente aus dem Zweiten Weltkrieg befanden. Einen Dankesbrief an den Sohn eines gefallenen Soldaten, der uns die Biographie seines Vaters gesendet hat, durften wir auch verfassen. Dass längst nur ein Bruchteil der Einzelschicksale erfasst ist und dass die Arbeit damit ziemlich aktuell ist, wurde am Besten dadurch gezeigt, dass erst letzte Woche eine Frau ins Centre kam, die zum ersten Mal am Grab ihres Vaters war und uns ein wenig über sein Leben erzählt hat, sodass wir nun eine weitere Identität zurückgeben konnten.
Was mir an der Arbeit mit den Einzelschicksalen sehr gut gefällt, ist, dass niemand gezwungen wird, die Geschichte eines Familienmitglieds der Öffentlichkeit preiszugeben, sondern das alles auf einer Basis absoluter Willensfreiheit passiert!
Ab morgen früh fängt dann die Arbeit an, so wie sie uns bis Dezember nun von Woche zu Woche erwarten wird - die Ankunft von Schulgruppen, das gemeinsame Programm, die Arbeit in der Küche, das Dokumentieren von geschichtlichen Aspekten und nicht zu vergessen, wir müssen uns so einiges an Wissen aneignen, um später auch mal eine Führung über den Friedhof oder den Strufhof geben zu können.
Das liegt aber momentan noch in weiter Ferne, sodass ich erstmal die momentanen Erlebnisse voll und ganz auskoste :)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen