Sonntag, 10. August 2014

Vive l'Alsace!

Bonsoir mes amis!

Gestern kam ich vom französischen Vorbereitungsseminar zurück, das vom 26. Juli bis zum 9. August in Niederbronn-les-Bains, meiner zukünftigen Heimat, stattgefunden hat. Vielleicht hört sich Heimat jetzt gleich sehr hochgestochen an, aber dieser Ort hat definitiv das Zeug dazu, mein Herz im Sturm zu erobern! Niederbronn ist ein schönes, kleines Dorf mitten im Elsass, das sich über fünf Hügel erstreckt und alles hat, was man zum täglichen Leben braucht. Dazu ist es sehr idyllisch mit seinen Blumen- und Kornfeldern, den Wäldern, Bergen und dem großen See. Landschaftlich bekommt der Ort schonmal eine Eins mit Sternchen!

Nun mag ich aber was von dem Seminar erzählen, was sich total von dem deutschen Vorbereitungsseminar in Altenkirchen unterschieden hat - um ehrlich zu sein hat es mir noch um einiges besser gefallen! Das liegt natürlich nicht nur an dem Gefühl, dort zu sein, wo ich die nächsten zehn Monate verbringen werde, sondern auch am Programm, den interessanten Gesprächen, den Freiwilligen, die sich genauso wie ich für Frankreich entschieden haben und an den ungeheuren Spaß, den wir die zwei Wochen miteinander erlebt haben.

Die französische Partnerorganisation ICE - Réseau Francophone hat sich echt einiges vorgenommen für die 14 Tage, die auch wirklich von morgens bis abends komplett ausgefüllt waren. Angefangen hat es mal wieder mit den Standardinformationen über den Service Civique, die Versicherung und die gesamte Administration unseres Auslandsjahres. Das ist alles nicht allzu interessant, deswegen überspringe ich das jetzt großzügig und fange direkt mal mit meiner ersten Erkundungstour von Niederbronn an. Zusammen mit zwei anderen Freiwilligen haben wir unseren freien Sonntagnachmittag dazu genutzt, uns mal die Innenstadt anzuschauen und richtig französisch café au lait und diabolo zu trinken. Danach sind wir zum Maison de l'Archéologie gelaufen, wo Paula - auch eine zukünftige Niederbronnerin - ihren Freiwilligendienst ableisten wird. Zum Abendessen mussten wir dann den steilen Berg zum Centre - meiner Arbeitsstelle, denn dort haben wir geschlafen - hochlaufen, das war extrem anstrengend! Die quiche lorraine haben wir uns an dem Tag redlich verdient ;)

Die nächsten Tage wurden hauptsächlich durch die Kombination aus Französisch-Sprachkurs und chantiers bestimmt. Chantiers sind Baustellen, an denen jeweils vier Freiwillige an sechs Tagen bestimmte Aufgaben erledigen mussten. Ich habe mich für das protestantische Pfarrhaus entschieden, da es hieß, dass es dort um Streichen geht. Nun ja, das war eher eine Illusion, denn die ersten fünf Tage haben wir mit dem Freilegen einer sehr langen Mauer verbracht, die über und über mit Unkraut, Efeu und sämtlichen anderen Pflanzen überwuchert war. Dabei haben wir gegen Schnecken, Insekten und Blindschleichen gekämpft! Nachdem wir die Tore der Pfarrei vom Rost und Dreck befreit haben, durften wir einen Nachmittag den Anblick von Pinseln und Lack genießen. Verglichen mit der Gartenarbeit war das der reinste Luxus. Zusammen mit uns Jugendlichen haben fünf freiwillige Senioren aus Niederbronn mit uns gearbeitet, die uns jeden Tag mit frisch gekeltertem Apfelsaft, Gesundheitskuchen - einer elsässischen Spezialität - und tarte aux pommes oder tarte aux apricots versorgt haben. Merci beaucoup, c'était délicieux :)

Der Französisch-Kurs war immer etwas trocken und was Grammatik anging, hat er mir auch nicht so viel geholfen, aber was echt super war, waren die Vokabeln, die man im Standardleben wirklich braucht. Jetzt weiß ich nützlicherweise Wörter wie Gartenschere, Äpfel schälen oder Regenrinne ;) aber keine Angst, meine Sprachfähigkeit im Französischen beschränkt sich nicht nur auf diese Wörter, denn generell lernt man wirklich schnell neue Wörter und Formulierungen, das habe ich bereits in den letzten zwei Wochen bemerkt.
Im Kurs haben wir zusammen mit unseren Lehrerinnen eine Vorstellung für das letzte Wochenende eingeübt, die wir den beiden anderen Kursen und dem ICE Team vorgestellt haben. Wir haben uns für Impro-Theater, Pantomime und improvisierte Geschichten entschieden, was auch relativ gut ankam. Das letzte Wochenende war generell von Präsentationen gespickt, da wir unsere Mitarbeiter von den chantiers eingeladen haben, um ihnen und den anderen Teilnehmern des Seminars  unsere Arbeit vorzustellen. Dabei hat das Spektrum von Plakaten über PowerPoint bis hin zu gedrehten Videos gereicht, das war teilweise schon beeindruckend und ziemlich witzig :)

Die Chronologie wird hier jetzt leider etwas unterbrochen. Am ersten Wochenende stand der Performance Day auf dem Plan. Dabei konnten sich die französischen, deutschen, österreichischen, spanischen und ungarischen Freiwilligen in Gruppen einteilen, die einen Tag lang an einer bestimmten Sache gearbeitet haben. Es gab Musik, Tanz, Kochen, Scrapbooking, Holzarbeit und eine Recherchearbeit zu Pierre Rabhi als Auswahlmöglichkeiten. Ich war in der Pierre Rabhi Gruppe und deswegen erkläre ich jetzt ganz schnell, warum es genau um diese Persönlichkeit ging. Bei ICE bekommt jeder Freiwilligenjahrgang eine bestimmte Leitfigur als Motto und Vorbild, bei unserem Jahrgang 2014/2015 ist es eben jener Pierre Rabhi, Philosoph und Landwirt in einem, der Werte wie Menschlichkeit, Respekt vor Mensch und Natur, Nachhaltigkeit und Autonomie miteinander verbindet. Eigenschaften, die auch uns Volontären ans Herz gelegt werden sollen.

Daneben bestand das Programm noch aus zwei Sachen: zum einen haben wir alle einen eintägigen Erste-Hilfe-Kurs gemacht, was auch echt hilfreich war, denn mein Wissen war ziemlich lückenhaft... Aber jetzt ist alles wieder aufgefrischt und klar.
Die Geschichte des Elsass war zum anderen ein wichtiges Thema und genau dort konnte ich schon sehen, was innerhalb des Jahres alles auf mich zukommen wird. Wir haben uns besonders mit dem Deutsch-Französichen Krieg von 1870/1871 auseinandergesetzt, der genau in dieser Region stattgefunden hat. Auch hier haben wir uns erstmal ein bisschen Hintergrundwissen angeeignet, aber das war - hoch lebe FranzBac - gar nicht mehr so nötig. An einem Nachmittag haben wir Niederbronn dann verlassen und sind nach Bitche gefahren, einem Nachbarort, auf dessen Berg die citadelle, eine Festung, steht. Die citadelle haben wir besichtigt und dank Audioguide alles über das Ausharren der Franzosen auf dem Berg gelernt, welcher komplett von den Preußen umzingelt war. Als Deutsche habe ich da schon das ein oder andere Mal schlucken müssen, aber das ist hoffentlich ganz normal.
Am 6. August haben wir uns auch nochmal mit "la guerre franco-prussienne" befasst, als wir nach Reichshoffen und Woerth auf die Gedenkfeier gefahren sind, die an die Schlacht erinnert hat, bei der die Franzosen schlicht und einfach von den Preußen überrannt wurden. Die Feier wurde aber ziemlich positiv beendet mit Appellen an die deutsch-französische Freundschaft innerhalb eines friedlichen Europas, von daher haben wir das Buffet danach richtig genießen können ;)

Ansonsten haben wir die Freizeit dazu genutzt, uns bis spät in die Nacht zu unterhalten, uns auf unser Jahr zu freuen und mit den ehemaligen Freiwilligen so viel wie möglich über die kommenden Monate zu sprechen. All das hat meine Vorfreude unglaublich gesteigert und ich kann es kaum erwarten, in circa drei Wochen in Niederbronn anzukommen!


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