Sonntag, 22. Februar 2015

Mon Bilan du Mois

Mein Aufenthalt in der Arche in Cuise-la-Motte endet in nunmehr drei Tagen und ich freue mich schon sehr darauf, wieder nach Niederbronn zurückzukehren und meine Umgebung dort mit allen ihren Vorteilen und natürlich Janine, Marie und Paula wiedersehen zu können.

Auch wenn sich dieses Urteil schlecht für mein Praktikum in der Arche anhört, möchte ich sagen, dass es das nicht ist – im Gegenteil, die Zeit war eine sehr gute Erfahrung!
Im letzten Eintrag habe ich von meinen Hemmschwellen gegenüber der körperlichen Arbeit mit den Behinderten berichtet, doch nach dem letzten Monat habe ich einen ordentlichen Teil meiner Scheu abgelegt und mich selbst überwunden, was mich zufrieden im Hinblick auf mich selbst zurücklässt. Generell bin ich froh, wie sich mein Leben hier entwickelt hat, da ich viel Wertschätzung für meine Arbeit und mein Dasein erfahren habe, besonders bei den Abschiedsrunden in der Colombe und der Passerelle. Das hat mir gezeigt, dass ich zu den hier lebenden Personen in der kurzen Zeit einen Draht ausgebildet habe, was ich nie erwartet hätte. Natürlich kann man diese Bindung nicht mit dem Verhältnis zwischen Langzeitassistenten und Bewohnern vergleichen, doch dieser Anfang einer Bindung hat mich schon sehr berührt :)
Ein Schmankerl waren hier definitiv die freien Samstage, die ich mit Theresa in Amiens, Paris und heute in Compiègne verbracht habe. Compiègne mit seiner hübschen Altstadt, dem freundlichen Samstagsmarkt und dem beeindruckenden Palais kann ich nur wärmstens empfehlen, sollte man einmal mehrere Tage in Paris oder dem Département Oise sein.Eine neue Umgebung mit neuen Städten oder auch altbekannte Städte mit neuen Menschen zu erkunden ist einfach eine wunderbare Gelegenheit, Frankreich noch besser kennenzulernen.
Im Allgemeinen kann ich aber auch sagen, dass sich meine anfängliche Vermutung, dass die Arche nicht der richtige FSJ-Typ für mich ist, bewahrheitet hat. Diese vier Wochen in der Picardie haben bei mir also nochmal besonders dazu geführt, dass ich das Projekt und das Leben im Elsass viel positiver betrachte, als es in den Wintermonaten der Fall war. Um es pathetisch und etwas überspitzt auszudrücken, ich wurde gelehrt, Niederbronn zu lieben.

So lange kann ich aber gar nicht in Wiedersehfreude schwelgen, da es mich am Wochenende für vier Tage nach Lille ziehen wird, wo ich mit Paula und Marie Sandra besuchen werde, die dort als Freiwillige arbeitet. Das nächste Mal versuche ich also, ein bisschen flämischen Charme auf diesem Blog zu versprühen, wenn ich endlich wieder die Möglichkeit habe, Bilder hochzuladen!
Mit dieser Bilanz verbleibe ich erstmal und wünsche Euch allen ein schönes Restwochenende.
À bientôt!

Dienstag, 3. Februar 2015

Bienvenue à L'Arche!

Seit nun mehr anderthalb Wochen befinde ich mich im Örtchen Cuise-la-Motte, das in der Picardie, einer Region nordöstlich von Paris, liegt. Hier lebe ich in der Arche, einer Einrichtung für Menschen mit geistiger und teilweise auch körperlicher Behinderung. Die Arche hier wird in Foyers und Ateliers eingeteilt, worunter man die Wohn- und Arbeitsstätten versteht.

Mein Foyer trägt den Namen „La Colombe" und wir leben hier mit sieben Bewohnern und sechs Assistenten zusammen. Das Leben kann man meistens als gemächlich und entspannt bezeichnen, da sich die Bewohner durch eine hohe Selbstständigkeit auszeichnen, was bei vielen Anderen nicht der Fall ist.
So komme ich auch gleich zu meiner Arbeitsstätte, der „La Passerelle". Hier kommen tagein, tagaus Bewohner mit einer Schwerbehinerung zur sogenannten Arbeit, was eigentlich nur bedeutet, dass sich Angestellte und Assistenten wie ich vormittags und nachmittags mit ihnen beschäftigen. Jeden Tag gibt es verschiedene Aktivitäten wie Massagen, Entspannung, Backen, Spaziergänge, Spiele, Musik oder auch Schwimmen und Reittherapie. Im Grunde genommen handelt es sich um Zeit, die man mit den Personen verbringt und in der man ihnen individuell Aufmerksamkeit schenkt. Ein Großteil der miteinander verbrachten Stunden wird allerdings für den in Frankreich üblichen „goûter", einer Mahlzeit für Zwischendurch, und die Toilette benötigt.

Für mich ist der Dienst als Freiwillige in der Arche eine Hundertachtziggradwende verglichen zum Centre in Niederbronn, da sich wirklich alles von der Wohnsituation über den Aufgabenbereich bis hin zum Alltag komplett unterscheidet. Wenn ich eine erste Bilanz ziehen müsste, würde ich sagen, dass ich sehr froh bin, die Möglichkeit zu haben, Einblick in ein sozial ausgerichtetes Projekt wie die Arche zu gelangen. Gleichzeitig merke ich, wie froh ich bin, nur einen Monat in Cuise-la-Motte zu verbringen, da ich teilweise doch große Hemmschwellen in der Arbeit und im Körperkontakt mit den körperlich Behinderten habe. Jeder Arche-Freiwillige erhält meinen vollsten Respekt!

Doch schon nach der ersten Woche habe ich Fortschritte meiner Einstellung und meines Handelns bemerkt und bin jedes Mal zufrieden, wenn ich mich zu etwas überwinde, dass ich vorher als undenkbar eingestuft hätte. Bis es soweit kommt, brauche ich aber immer erstmal meine Zeit. Ich denke, das ist vollkommen in Ordnung und kann nur an das altbekannte Learning by Doing appellieren!

Was mir auch geholfen hat, die erste Woche in La Passerelle zu verdauen, da mir die Arbeit dort schwerer fällt als in La Colombe, war das Wochenende, was der Erholung gedient hat.

Den Samstag, meinen ehrwürdigen, einzigen freien Tag in der Woche, habe ich mit Theresa in Amiens verbracht, der Hauptstadt der Picardie. Neben dem Rumschlendern durch ein schönes kleines Viertel mit vielen Kanälen und der Besichtigung der gotischen Kathedrale, die mir aus dem Kunstunterricht wohl bekannt war, haben wir die Zeit zur Reflektion benutzt, was ich sehr schön fand. Ein anderer Blickwinkel, eine andere Umgebung und viel Spaß können tatsächlich Wunder bewirken :)

Ein letzter Punkt, den ich gerne anschneiden würde ist die Religiösität der Arche. Innerhalb von sieben Tagen war ich sage und schreibe dreimal im Gottesdienst, war während vier Abendgebeten innerhalb des Foyers anwesend und lausche viermal täglich den die Mahlzeiten begleitenden Gesängen. Alle, die mich kennen, wissen, dass ich nicht viel mit Glauben am Hut habe und es war am Anfang sehr befremdlich für mich, mit so viel Spiritualität konfrontiert zu werden. Mittlerweile betrachte ich die Religion als eine Materie für sich und stelle mir sehr oft die Frage, wie etwas so Abstraktes solch einen überzeugten Anhang und Zustimmung gewinnen kann. Bis jetzt habe ich noch keine befriedigende Antwort gefunden, sollte dies aber der Fall sein, melde ich mich bei Euch – zu allererst bei Dir Filiz, du bist also schon vorgewarnt!

Vorab habe ich alles erzählt, was mir auf dem Herzen lag und hoffe, dass ihr Euch ein wenig vorstellen könnt, wie mein Leben dieser Zeiten abläuft. Müdigkeit spielt darin momentan auch eine nicht zu verachtende Rolle und so wünsche ich Euch eine gute Nacht. À la prochaine!